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QUELLE: http://www.praevention.at

22.06.2018

WHO definiert Computerspielsucht als Krankheit

Laut Schätzungen erfüllen etwa 4 Prozent der jugendlichen Computerspieler in Österreich die Abhängigkeitskriterien der WHO.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat am 18. Juni 2018 den Entwurf für die elfte Version ihres Klassifikationssystems für medizinische Diagnosen, der International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems (ICD) vorgestellt. Die ICD-11 soll im nächsten Jahr auf der WHO-Versammlung verabschiedet und offiziell ab Jänner 2022 gelten.

Die ICD-11-Klassifikation enthält rund 55.000 Codes für Verletzungen, Krankheiten und Todesursachen. Die Einführung des neuen Katalogs fand medial starke Beachtung, vor allem aufgrund der Aufnahme der Computerspielsucht als offizielle Krankheit. Die neue Diagnose bezieht sich auf Internet- und Videospiele - unabhängig davon, ob online oder offline gespielt wird. Zu den Diagnosekriterien zählen der Kontrollverlust, etwa bei Häufigkeit und Dauer des Spielens, die wachsende Priorität des Spielens vor anderen Aktivitäten und das Weitermachen auch bei negativen Konsequenzen.

Die Entscheidung für die Aufnahme war nicht unumstritten. Neben naturgemäßen Protesten der Spiele-Industrie kritisierte der Psychologe Andy Przybylski von der Universität Oxford in einem offenen Brief gemeinsam mit rund 30 Kollegen die WHO für ihren Schritt, weil dieser Millionen gesunder Videospieler stigmatisieren und Eltern in unnötige Panik versetzen könnte.

Andererseits begrüßen viele Behandler die Entscheidung, wie etwa Prim. Dr. Roland Mader, Abteilungsleiter und Experte für Online-Sucht am Anton Proksch Institut (API) in Wien. In einer Medienaussendung des API freut sich Mader darüber, „weil es die Akzeptanz von Online-Gaming als Krankheit fördert und im besten Fall auch die Bereitschaft der Betroffenen erhöht, sich in Therapie zu begeben“. Auch Prim. Dr. Kurosch Yazdi, Leiter der Klinik für Psychiatrie mit Schwerpunkt Suchtmedizin des Kepler Universitätsklinikums Linz und der ebenfalls am KUK ansässigen Spielsuchtambulanz - in Kooperation mit pro mente OÖ, sieht die Entscheidung positiv. Denn dadurch müssten künftig die Krankenkassen österreichweit die Behandlung von Computerspielsucht bezahlen. Bisher sei das je nach Bundesland unterschiedlich geregelt, wird Yazdi in der Wiener Zeitung zitiert. 

Laut Angaben des API sind etwa ein bis zwei Prozent der Bevölkerung von der Computerspielsucht betroffen, fast ausschließlich handelt es sich dabei um junge Männer. Bei den 15- bis 18-Jährigen liegt die Zahl der Online-Gaming-Süchtigen Schätzungen zufolge bei circa 4 Prozent.

 

Quellen und weiterführende Infos:

WHO: ICD 11 is here

aerzteblatt.de: WHO stellt neuen Diagnoseschlüssel vor

SZ Online: Exzessives Spielen wird zur Krankheit erklärt

Aussendung API: API begrüßt WHO-Anerkennung von Online-Spielsucht als Krankheit

Wiener Zeitung: Exzessives Computerspiel als Krankheit

Spielsuchtambulanz Linz: www.spielsuchtambulanz.at

 

 

Foto: Pixabay.com lizenziert unter CC0 Public Domain