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29.03.2017

Nachlese zur Jugendtagung 2017: Jugend auf Drogen!?

Die 18. Jugendtagung von Institut Suchtprävention und Verein I.S.I. Streetwork fand am 28.3.2017 an der FH OÖ in Linz statt und beschäftigte sich mit jugendlichem Substanzkonsum zwischen Verharmlosung und Dämonisierung. Im Mittelpunkt stand dabei der Umgang mit gesetzlich verbotenen Substanzen, allen voran Cannabis. Rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, vorwiegend aus dem Bereich der außerschulischen Jugendarbeit, nahmen auch heuer die Gelegenheit wahr, um sich zu aktuellen Trends zu informieren, Einblicke in die praktische Arbeit zu gewinnen bzw. die Vernetzung mit anderen Expertinnen und Experten zu suchen.

Den Auftakt gestaltete Dr. Bernd Wiese vom Zentrum für Drogenforschung an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Der Jugendkulturexperte bot einen kurzen Aufriss über die Geschichte des Hanfs und die Bedeutung des „Kraut der Armen“ als symbolische Form der Rebellion. Neben interessanten Einblicken in das „Monitoring-System Drogentrends“ (MoSyD), dass seit vielen Jahren in Frankfurt die Entwicklung des Substanzkonsums dokumentiert, bot Werse auch einen Vergleich städtischer und ländlicher Konsummuster. Kurzfazit: Jugendliche in der Stadt greifen eher zum Joint, trinken aber weniger Alkohol als Jugendliche am Land, während „Neue Psychoaktive Substanzen“ (Räuchermischungen, Badesalze etc.) generell eher ein Randthema darstellen. Dr. Hans-Günther Meyer-Thompson, Suchtmediziner aus Hamburg, zeigte in seinen Ausführungen auf, dass das Thema Cannabis eine sehr große Bandbreite besitzt. Aspekte wie Cannabis in der Medizin, die Sortenvielfalt und die Entwicklung der Pflanze („It’s not your daddys gras!“), der zunehmende THC-Gehalt und der teils stark abnehmende CBD-Anteil sowie damit verbundene Risiken wurden  genauso mitbeinbezogen wie die Tatsache, dass es nicht den typischen Cannabis-Konsumenten gibt. Auch die Frage „Können wir Cannabis sicherer machen?“ war Bestandteil des Vortrages. Das Thema „Harm Reduction“ ist bereits in vielen (legalen) Bereichen wie im Straßenverkehr (Sturzhelm, Gurtpflicht etc.) oder bei Sportveranstaltungen (Plastikbecher statt Glasflaschen etc.) fix etabliert und wäre gerade auch beim Cannabiskonsum von Nöten. Der illegale Status erschwere aber die Umsetzung von „Safer Use“-Konzepten erheblich.

Landesdrogenkoordinator Thomas Schwarzenbrunner beschäftigte sich im ersten Teil seiner Präsentation mit den Werthaltungen und den Extrempositionen in der internationalen Drogenpolitik, um im zweiten Teil am Nachmittag, gemeinsam mit dem Linzer Juristen Dr. Alois Birklbauer auf den strafrechtlichen Umgang mit illegalen Drogen einzugehen bzw. die praxisrelevanten Abläufe in Zusammenhang mit dem Österreichischen Suchtmittelgesetzes, genauer gesagt  mit den Strafrechtsänderungen 2016 darzulegen. Dr. Birklbauer wiederum erläuterte unter anderem den Grundsatz „Therapie statt Strafe“  kritische Fragen und Aspekte in diesem Zusammenhang auf. So kann ein Rückfall in einen Substanzkonsum als Misserfolg der Justiz ausgelegt werden – wenn sie die Abstinenz als Ziel definiert hat – medizinisch aber durchaus als Erfolg gewertet werden, wenn der Rückfall sich beispielsweise als kontrollierter, risikoreduzierter Konsum darstellt.

Einblicke in die Alltagspraxis niedrigschwelliger Drogenarbeit bot Gerhard Jäger, MA  von der Einrichtung Z6 in Innsbruck. Ähnlich wie die Wiener Einrichtung CheckIt ist der Sozialpädagoge mit seinem Team direkt bei größeren Partyevents in Tirol vor Ort und bietet Beratung und ein Drugchecking-Angebot. Erstaunt zeigt er sich immer wieder über die vielen vorherrschenden Mythen und die zum Teil vorhandenen Wissenslücken in Bezug auf Cannabis bei den Konsumierenden. Wissensvermittlung zum einen, aber auch Safer Use Anleitungen zum anderen seien daher wichtige Inhalte seiner Arbeit, die von einer akzeptanzorientierten Haltung geprägt ist – laut Jäger eine unabdingbare Voraussetzung, um mit Konsumentinnen und Konsumenten ins Gespräch zu kommen. Abgeschlossen wurde die Jugendtagung 2017 von einem „Round Table“-Gespräch, bei dem es um die Frage ging, wie man in der Praxis mit konsumierenden Jugendlichen umgeht, wo die Grenzen zwischen berechtigter Anonymität, konsumakzeptierenden Haltungen und gerechtfertigtem Einschreiten (Stichwort Gefährdungsmeldung) liegen.


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