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QUELLE: http://www.praevention.at

11.12.2017

Gesundheitsförderliches Führen: ein Thema der betrieblichen Prävention

Gesundheitsförderliches Führen ist derzeit in aller Munde – in HR-Netzwerken, bei den Krankenkassen und in Programmen zur Führungskräfteentwicklung. Die Vorteile für Unternehmen liegen auf der Hand: in Zeiten von Fachkräftemangel und höherem Pensionsantrittsalter wird die Mitarbeiter/innen-Gesundheit zunehmend auch zu einem Wettbewerbsfaktor.

Auch für die Suchtprävention ist relevant, wie in Betrieben geführt wird. Das Belastungsempfinden von Beschäftigten und ihre Fähigkeit, berufliche Anforderungen positiv zu bewältigen, ist von der Art der Arbeitsorganisation aber auch nachweislich vom Arbeitsklima und dem Ausmaß sozialer Unterstützung durch Vorgesetzte und Kolleginnen und Kollegen beeinflusst. Vor allem auf die letzten beiden Punkte haben Führungskräfte zentralen Einfluss. Gelingt eine konstruktive Bewältigung von arbeitsbedingten Belastungen nicht, kommt es neben vermehrter Infektanfälligkeit, erhöhter Unfallgefahr und einem Ansteigen von psychischen Erkrankungen auch zu mehr Substanzkonsum.

Gesund zu führen, bedeutet auch, auf erste diffuse Belastungsanzeichen von Mitarbeiter/inne/n zu reagieren. Wenn Arbeitnehmer/innen plötzlich gereizt, unkonzentriert oder niedergeschlagen wirken, die Ursache dafür jedoch nicht klar ist, empfiehlt sich ein Gespräch. Aus einer fürsorglichen Haltung heraus spricht die Führungskraft die Veränderung an, äußert Sorge  und bietet Hilfe an. Dem Gegenüber wird signalisiert: „Sie sind uns als Mensch wichtig!“. Häufig kann durch derlei einfache Interventionen eine Situationen entschärft und einer Chronifizierung von Belastungen in Richtung Burnout, Sucht oder anderen psychischen Erkrankungen vorgebeugt werden. Führungskräfte und Arbeitskolleg/inne/n haben im alltäglichen Umgang miteinander viele Möglichkeiten, den Arbeitsplatz zu einem gesundheitsförderlichen Ort zu machen.

Führungskräfte sind selbst einem im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung erhöhten Stresspegel ausgesetzt. Hohe Anforderungen, häufig gepaart mit einem Mangel an Anerkennung können leicht zu gesundheitlichen Beschwerden führen. Dass Führungskräfte laut einer Umfrage des Beratungsunternehmens Robert Half trotzdem zu den zufriedensten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehören, ist wohl auch dem Umstand geschuldet, dass sie mehr Autonomie in ihren Arbeitsbereichen haben als Arbeitnehmer/innen ohne Führungsaufgaben. Nichts destotrotz sind Selbstmanagement und Selbstsorge wesentliche Voraussetzungen, dass Vorgesetzte selbst gesund bleiben und ihre Mitarbeiter/innen gesund führen können. Es gilt, immer wieder Distanz zu den Belastungen der Arbeit zu schaffen, Pausen und arbeitsfreie Zeiten ernst zu nehmen, eigene überhöhte Erwartungen zu hinterfragen und sich unterstützenden Austausch mit anderen zu organisieren. Wird dies als gelebte Praxis für Mitarbeiter/innen sichtbar, wirkt sie wohl stärker als jedes Stressbewältigungs-Seminar.

Nicht nur die allgemeine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, sondern auch das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz verpflichtet Arbeitgeber, „für Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer in Bezug auf alle Aspekte, die die Arbeit betreffen, zu sorgen“. Der Alltag sieht vielerorts anders aus, wie das folgende aktuelle Praxisbeispiel zeigt: Eine Krankenpflegerin eines oberösterreichischen Krankenhauses meldet nach mehreren belastenden Todesfällen von Patienten Bedarf an Supervision an. Ihre Vorgesetzte entgegnet ihr knapp, dass sie wissen sollte, dass der Dienstgeber nicht für ihre psychische Gesundheit verantwortlich sei. „Nicht prinzipiell“, möchte man antworten,  „aber selbstverständlich dann, wenn die Belastungen in direktem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen!“.

 

Vorankündigung zum Seminarangebot des Institut Suchtprävention: „Gesundheitsförderliches Führen als Instrument der (Sucht)prävention.
28. Juni 2018 | Bildungshaus St. Magdalena, Linz | zu den Details>>

 

Weiterführende Infos:

Gute Mitarbeiterführung. Psychische Fehlbelastungen vermeiden. Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA)

Mit Verstand und Verständnis. Mitarbeiterorientiertes Führen und soziale Unterstützung am Arbeitsplatz. Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA)


Website von Dr. Anne K. Matyssek, deutsche Psychologin, die sich u.a. auf gesundes Führen spezialisiert hat:  www.do-care.de/gesund-fuehren

 

Text: Mag. Rosmarie Kranewitter-Wagner

Fotocredit: kasto_fotolia.com