Setzt man sich mit Möglichkeiten gesundheitsförderlicher Führung auseinander, stößt man unweigerlich auf das Thema „Anerkennung“:
Anerkennung = Lob für erbrachte Leistung + Wertschätzung für den Menschen
Häufig wird Anerkennung verkürzt mit Lob gleichgesetzt. Zu loben bedeutet, erbrachte Leistung zu würdigen. Lob soll zeitnah erfolgen, ehrlich und möglichst konkret sein, eine Begründung beinhalten und an einen individuellen Adressaten gerichtet werden. Mitarbeiter/innen brauchen neben Lob für Leistung und Engagement aber auch Wertschätzung für sie als Person – im Zweifelsfall ist ihnen Letzteres wichtiger. Wertschätzung kann als Haltung verstanden werden und drückt sich vor allem durch kleine Gesten im Alltag aus: die Namen der Mitarbeitenden kennen, zum Geburtstag gratulieren, sich für Persönliches interessieren, Besprechungstermine einhalten und pünktlich sein, auch mal Danke sagen und einen höflichen Umgangston über alle Hierarchieebenen hinweg pflegen.
Was passiert, wenn zu wenig Anerkennung gegeben wird?
Das Thema Anerkennung am Arbeitsplatz ist breit beforscht. Es gibt klare Befunde, dass fehlende Anerkennung die Stressbelastung von Menschen erhöht, eine Vielzahl körperlicher Beschwerden nach sich zieht und negativen Einfluss auf die Arbeitsbewältigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer/innen hat.
Der Soziologe Johannes Siegrist prägte den Begriff der „Gratifikationskrise“, den er synonym mit „Anerkennungskrise“ verwendet. Damit ist gemeint, dass der eigene Einsatz im Job (etwa in Form von Engagement, Leistung, und Identifikation) nicht durch entsprechende Belohnung (z.B. durch ausbildungsadäquate Beschäftigung, Arbeitsplatzsicherheit, gerechten Lohn und Karrieremöglichkeiten) ausgeglichen wird. Das Fehlen angemessener Anerkennung in Gratifikationskrisen führt dazu, dass Menschen sich weniger gesundheitsbewusst verhalten und in Stresssituationen mehr Alkohol trinken und mehr rauchen.
Anerkennung ist ein günstiges und stets verfügbares Mittel, um die Motivation hochzuhalten und Gesundheit zu fördern. Warum wird so „sparsam“ damit umgegangen?
Führungskräfte führen folgende Gründe dafür an:
- Gute Leistung wird für selbstverständlich gehalten
- Es gibt keine Anerkennungskultur im Unternehmen
- Die Führungskraft erhält selbst kaum Lob
- Angst, dass sich die Mitarbeitenden bei Lob nicht mehr so anstrengen oder eine höhere Entlohnung fordern
- Keine Zeit für Lob, zu viel Stress
- Hohe Ansprüche an sich selbst - es fällt schwer, eigene Leistungen anzuerkennen
Wer sich und seinen Verantwortungsbereich in Richtung einer aktiven Anerkennungskultur entwickeln möchte, sollte also etwas weniger streng mit sich selbst umgehen, persönliche Überzeugungen hinterfragen und Traditionen im eigenen Unternehmen auf ihre Dienlichkeit hin überprüfen.
Eine Möglichkeit dazu bietet dasSeminar „Gesundheitsförderliches Führen als Instrument betrieblicher Suchtprävention“am 28.6.2018 im Bildungshaus St. Magdalena.
Neben dem Thema Anerkennung werden noch andere Führungstools vorgestellt, theoretische Grundlagen vermittelt und Gesprächsführung mit Mitarbeiter/inne/n trainiert.
>> Weitere Infos zum Seminar und Online-Anmeldung
Weiterführende Infos:
- Baumgartner, Herbert: Konzepte gesundheitsförderlicher Führung im Rahmen von Programmen der betrieblichen Suchtprävention. Masterthesis, Linz, 2014.
- Siegrist, Johannes: Arbeitswelt und stressbedingte Erkrankungen - Forschungsevidenz und präventive Maßnahmen. Urban & Fischer. 2015
Beide Titel sind in der Fachbibliothek am Institut Suchtprävention in Linz entlehnbar. - Informationen, Materialien und Downloads zum Thema Wertschätzung der Psychologin Dr. Anne Katrin Matyssek: https://www.do-care.de/wertschaetzung
- AT WORK - Suchtprävention in der Arbeitswelt
Text: Mag. Rosmarie Kranewitter-Wagner
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