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QUELLE: http://www.praevention.at

21.09.2017

Alkohol und Drogen am Arbeitsplatz: Welche Haftungsrisiken entstehen?

Mit der Website www.stepcheck.at bieten das Institut Suchtprävention und die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) Landesstelle Linz Betrieben und Schulen einen Überblick sowie rasche und unkomplizierte Handlungsanleitungen zu den Themen Früherkennung und Frühintervention bei riskantem Substanzkonsum oder Suchtgefährdung.

Die Folgen von Alkohol- und  Drogenkonsum eröffnen am Arbeitsplatz ein zusätzliches Unfallrisiko, einerseits für den Beeinträchtigten selbst, aber auch für andere Personen. Im Rahmen der gesetzlichen Fürsorgepflicht hat ein Arbeitgeber und damit sämtliche Führungskräfte eines Betriebes u.a. für die Sicherheit der Mitarbeiter in geeigneter Weise, rechtzeitig und wirksam zu sorgen.

Mag. Susanne Brank von der Rechtsabteilung der AUVA-Landesstelle Linz hat dazu folgende Informationen  zusammengestellt:

  • Alle Mitarbeiter und alle Führungskräfte sollten im Wissen und mit Bedacht darauf handeln und entscheiden, dass auch eine einschneidende persönliche Haftung bei Schädigungen von Personen und Sachen im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit möglich ist.
  • Die besonderen gesetzlichen Haftungserleichterungen am Arbeitsplatz nach Arbeitsunfällen und die Leistungen von Betriebshaftpflichtversicherungen verhindern für Mitarbeiter und Führungskräfte nicht alle persönlichen und finanziellen Konsequenzen nach Arbeitsunfällen. Keinesfalls verhindern sie strafrechtliche Folgen.
  • Eine strafrechtsrelevante Abweichung vom maßgerechten Führungsverhalten ist bereits dann in Betracht zu ziehen, wenn ein zumutbares Maß an Führungscourage und Handeln nach allgemeiner Vernunft angesichts eines erkennbaren Sicherheitsrisikos – insbesondere für Körperschäden unschuldiger Dritter – gefehlt hat und der Schaden auf diese Weise von einer Führungskraft nicht verhindert wurde. Haftungsauslösend ist im Strafrecht damit auch ein Verhalten oder Unterlassen, das noch nicht  grob fahrlässig war.
  • Die Kosten und die Belastung einer Strafverteidigung fallen oft mehr ins Gewicht als die verhängte Strafe.


Führungskräfte müssen sich überdies im Falle einer gerichtlichen Geltendmachung von bestrittenen Regressansprüchen der Sozialversicherungsträger persönlich als Beklagte vor den Zivilgerichten für die von ihnen nicht verhinderten Schäden verantworten, ebenso wie ein direkt Schädigender.

 
Eine gut unterwiesene Führungskraft weiß:

  • Ich bin als Führungskraft gut versichert, aber nicht gegen alles. Betriebshaftpflichtversicherungen kommen nicht automatisch und generell für jeden Schaden auf, den ich als mitschuldige Führungskraft ersetzen muss.
  • Die Belastungen als Angeklagter in einem Strafverfahren und die Strafen selbst treffen mich immer persönlich. „Gemeinsam Wegschauen – einsames Einstehenmüssen“ kann zu einer unangenehmen Erfahrung einer Führungskraft nach schweren Arbeitsunfällen werden.
  • Ich kann zivilrechtlich persönlich auf Kostenersatz für Arbeitsunfallfolgen geklagt werden, wenn die Vergleichsverhandlungen zwischen Betriebshaftpflichtversicherung und den Sozialversicherungsträgern über das Ausmaß meines individuellen Mitverschuldens an einem Arbeitsunfall scheitern.
  • Sachverständige und Richter bewerten mein Unterlassen und Tun zur Vermeidung eines Unfalles meiner Mitarbeiter. Sie überlegen, ob ich selbst das Leid eines schwer Verletzten oder jenes seiner Hinterbliebenen wirksamer verhindern hätte können und müssen. Auch eine persönliche Mithaftung für Sachschäden aufgrund meiner Sorglosigkeit ist möglich.
  • Schwere vorhersehbare Verletzungsfolgen begründen häufig eine grobe Fahrlässigkeit von Führungskräften, resultierend aus einer anhaltenden vermeintlichen Ohnmacht gegenüber einer risikogeneigten Betriebskultur im eigenen Verantwortungsbereich. Betriebsbekannter Alkohol- und Drogenkonsum erhöhen mein persönliches Haftungsrisiko als Führungskraft.
  • Für schwierige Herausforderungen im Umgang mit Risiken kennen Experten mit Erfahrung erfolgreiche Lösungen.
  • Der eigene Unfallversicherungsschutz alkoholisierter Mitarbeiter ist schwer gefährdet. Der Wegfall des Leistungsspektrums der AUVA aufgrund erheblicher unfallkausaler Alkoholisierung kann schwer Verunfallte oder ihre Hinterbliebenen hart treffen.



Praxisbeispiel:


Ein Mitarbeiter wird bei einem Arbeitsunfall Opfer eines betriebsbekannt häufiger betrunkenen Kollegen. Welche rechtlichen Folgen können sich daraus ergeben?

Strafrecht:   Anklage gegen den betrunkenen Kollegen und gegebenenfalls gegen duldende Führungskräfte wegen „fahrlässiger Körperverletzung“ oder „fahrlässiger Tötung, gegebenenfalls sogar in der Qualifizierung grob fahrlässig.

Möglich: Haftstrafen, Vorstrafen, Geldbußen, Diversion, Gerichts- und Anwaltskosten, psychische Belastung durch öffentliches Verfahren


Zivilrecht:  Schmerzensgeld- und Verdienstentgangsansprüche des Geschädigten gegen den alkoholisierten schädigenden Kollegen im Rahmen eines Zivilverfahrens

 
Regress der Sozialversicherungsträger: 
Haftung der duldenden Vorgesetzten und des betrunkenen Kollegen für sämtliche Leistungen aus öffentlicher Hand (Versehrtenrente, Invaliditätspension, Behandlungskosten, Umschulung, etc.) im Rahmen eines Regressverfahrens, oder gegebenenfalls eines nachfolgenden Regressprozesses.

Haftpflichtversicherungsschutz:
Eine Haftung mit dem Privatvermögen grob fahrlässig handelnder Führungskräfte ergibt sich zwangsläufig, wenn die Betriebshaftpflichtversicherung die Begleichung berechtigter Regressansprüche verweigert (Deckungsausschluss).

Schädigende Kollegen ohne Führungsverantwortung können lediglich als Gewerkschaftsmitglieder mit maximal 75.000 € Haftpflichtversicherungsleistung zur Abdeckung von Schadenersatzforderung von Kollegen rechnen, was aber schnell ausgeschöpft sein kann. Bei alkoholbedingten Schädigungen ist allerdings ein Ausstieg der Versicherung ebenso naheliegend. Das persönliche Haftungsrisiko nach alkoholbedingten Arbeitsunfällen ist hoch.

Weitere mögliche Forderungen:


Die Firma könnte die Entgeltfortzahlung an den Geschädigten vom Schädiger „zum Teil“ zurückfordern (DNHG). Ob eine eigene Berufshaftpflichtversicherung solche Forderungen übernimmt, ist aufgrund der Alkoholisierung zum Unfallzeitpunkt fraglich.

 

Quelle und weitere Infos:Stepcheck.at | Mag. Brank, Rechtsabteilung AUVA-Landesstelle Linz